16.07.2014

Kommentar

Außenpolitischer Skandal

Von Andreas Kaiser

In kaum einem Politikfeld ist die Einhaltung ethischer Grundsätze so wichtig wie bei der Genehmigung von Waffenausfuhren; entscheidet die Politik doch hier – zumindest indirekt – über Krieg und Frieden, über Leben und Tod. Doch ausgerechnet in der Rüstungsexportpolitik klafft eine Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Obwohl in den politischen Grundsätzen, die sich die Bundesregierung selbst gegeben hat, klipp und klar steht, dass die Beachtung der Menschenrechte im Empfängerland immer bedacht werden muss, werden deutsche Kriegswaffen – vor allem Panzer, aber auch Gewehre – immer häufiger an Länder geliefert, in denen genau diese Rechte mit Füßen getreten werden. Mehr noch: Autoritäre Regimes wie Saudi-Arabien, Algerien und Katar haben sich zu Hauptabnehmern deutscher Rüstungsgüter gemausert.

Auch die Erklärungen von Kanzlerin Angela Merkel, sie wolle die Empfängerländer in die Lage versetzen, sich selbst zu verteidigen und in ihrer Region für Stabilität zu sorgen, ist kaum mehr als der immer gleiche Versuch, den wohl langanhaltendsten  Skandal der deutschen Außenpolitik schönzureden. Schon der Fall Libyen zeigt exemplarisch, wie rasch Diktaturen gerade im arabischen Raum umkippen können. In rasender Geschwindigkeit entwickelte sich das Land zur zwischenzeitlich größten Drehscheibe des illegalen Waffenhandels. Auch das Geleitwort zum jüngsten Exportbericht scheint kaum das Papier wert, auf dem es geschrieben ist. Dort kündigt Sigmar Gabriel an, er wolle künftig „zweifelhafte Waffenlieferungen“ unterbinden. Doch hat der Wirtschaftsminister im Bundessicherheitsrat, der in geheimer Sitzung über alle Waffenlieferungen entscheidet, keine Mehrheit. Hier dominiert weiterhin die Union, die in den Vorjahren die Rüstungsexporte in immer neue Rekordhöhen trieb. Und wie eng Merkels Regierung mit einigen Waffenschmieden verbandelt ist, wissen wir spätestens, seitdem bekannt wurde, dass ihr einstiger Entwicklungsminister Dirk Niebel 2015 einen Job als Cheflobbyist beim Panzerhersteller Rheinmetall übernehmen wird. 

Dass auch unter Gabriel keine „Umkehr“ zu erwarten ist, macht auch ein anderes Beispiel deutlich. Kaum hatte der Minister eine restriktivere Rüstungspolitik angekündigt, drohte ihm die Industrie damit, ins Ausland abzuwandern. Und dass der „Genosse der Bosse“ schnell mal vor der Wirtschaft einknickt, hat schon seine Ökostrom-Reform gezeigt. Hier wurden – nach lautem Gejaule der Stromriesen – lieber die Bürger belastet und die Industrie entlastet.