26.09.2012

Sündenbekenntnisse im Internet stoßen auf Begeisterung

Beichten per Mausklick

Das kennt jeder: Man hat was angestellt und ein schlechtes Gewissen. Für viele bietet das Internet die Lösung: Vermeintliche Beicht-Portale, in denen jeder seine großen und kleinen Probleme loswerden kann.

Egal, ob man in der Tankstelle unbemerkt schnell noch ein paar Schokoriegel eingesteckt, im Restaurant die Zeche geprellt oder dem nervigen Nachbarn die Zeugen Jehovas nach Hause bestellt hat: Jeder hat sein Päckchen zu tragen. Man hat ein schlechtes Gewissen und möchte dieses ganz schnell wieder loswerden.
Doch dem Pfarrer im Beichtstuhl von solchen Vergehen zu berichten, um anschließend von seinen mehr oder weniger großen Sünden freigesprochen zu werden, ist heute für viele undenkbar. Die Alternative: Man versucht es zu verdrängen. Oder: Man sucht ein wenig im Internet, vielleicht gibt´s da ja was. Und tatsächlich, im Web existieren einige Seiten, die Absolution per Mausklick versprechen und enorme Besucherzahlen vorweisen können.

Vom Beichthaus zum Beichtomat

Ein Screenshot von der Seite www.beichte.de

Auf der Seite www.beichthaus.com wird die Sünde in ein Textfeld eingegeben und veröffentlicht mit dem Button „Herr, ich habe gesündigt. Bitte vergib mir!“. Zusätzlich muss man den „Ort des Geschehens“, also Postleitzahl und Straße angeben, damit die Besucher der Seite sehen können, wer wo und wann gesündigt hat. Die User können außerdem Sterne verteilen für die bereits abgelegten Beichten. So entsteht eine „Top 100“ der beliebtesten Sünden. Nur sehr wenige Nutzer dieser Seite meinen es so richtig ernst mit dem Schuldbekenntnis, die meisten Einträge dienen eher dazu, den Besucher zu belustigen. Zahlreiche Sünden sind mit dem Hinweis „diese Beichte steht unter Jugendschutz“ versehen, nur der Titel ist lesbar. Wenn dieser dann lautet „ als ich zwanzig war, habe ich 400 DM auf der Reeperbahn verprasst ...“ ist auch klar, weshalb. Ähnlich geht es auf der Seite www.beichtomat.de zu. Der Spaßfaktor steht im Vordergrund, der Humor ist nicht immer jugendfrei.

Seriös dem Thema genähert

Im Gegensatz dazu werden die abgelegten Beichten auf www.beichte.de nicht zur allgemeinen Belustigung veröffentlicht. Die Website erweckt den Eindruck, eine echte Alternative für all diejenigen sein zu wollen, die sich nicht in den realen Beichtstuhl trauen. Hier lässt es sich sogar in passender Atmosphäre „beichten“: Glockengeläut, schwarzer Hintergrund und das Anzünden einer virtuellen Kerze sollen für die richtige Stimmung sorgen. Der Klick auf das Feld „Ich habe gesündigt und bereue“ soll auch hier zur Absolution führen. Unter der Rubrik „Gebete“ wird eine Vielzahl zum Thema passender Texte und Gebete angeboten, außerdem ist ein Youtube-Video mit dem „urbi et orbi“ des Papstes auf der Homepage verlinkt.

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Klar ist: Die Online-Beichte kann
das Sakrament der Versöhnung
nicht ersetzen.

Doch klar ist auch, eine „Online-Beichte“ kann das Sakrament nicht ersetzen. Seine Sünden ins Nirgendwo des World Wide Web zu schicken, ist nicht wirklich vergleichbar mit der Freisprechung von der Schuld durch einen Priester. Um die Menschen wieder zur Beichte zu ermutigen, hat die Karl-Leisner-Jugend des Bistums Münster auf ihrer Homepage vorbereitende Informationen und Tipps für „Beicht-Anfänger“ zusammengestellt. Die Seite will zeigen, dass Beichten eben nicht Scham und Blamage bedeutet, sondern eine befreiende Erfahrung sein kann, die viel Nähe zu Gott bietet.

Das Internet bietet viele Möglichkeiten, sich mit dem Thema Beichte zu befassen. Welche man nutzt, ist jedem selbst überlassen.

Ihre Webreporterin Viktoria Bolmer