11.03.2015

Kommentar

Ein echter Franziskus

Von Ulrich Waschki

Vor zwei Jahren, am 13. März 2013, wurde Jorge Mario Bergoglio zum Papst gewählt. Seitdem begeistert Papst Franziskus Massen und Medien. Zunächst waren es scheinbar Äußerlichkeiten, mit denen der Argentinier punktete: Wer erinnert sich nicht an die unzähligen Fotos der schwarzen, etwas ausgetretenen orthopädischen Schuhe des Pontifex? Oder an das Erstaunen, dass der Heilige Vater seine schmale Aktentasche selbst ins Flugzeug trägt. An die Fahrten im Mittelklassewagen. Oder an das Erstaunen, dass Franziskus nicht in die Papstgemächer im Apostolischen Palast einzieht. 

Schnell kamen erste Stimmen auf, der Papst müsse nun „endlich liefern“. Sein Stil dürfe sich nicht auf Äußerlichkeiten beschränken. Die Äußerlichkeiten waren aber weit mehr – sie waren Vorboten der Inhalte, die Franziskus wichtig sind.

Da ist vor allem sein berühmtes Wort der Kirche, die an die Ränder geht. Er macht es selbst vor, wenn er sich für Obdachlose am Petersplatz einsetzt.  Aber die Ränder unserer Zeit und unserer Gesellschaft sind nicht nur die sichtbar Armen im reichen Europa. Es sind auch die Randständigen in unseren Gemeinden. Die, die mit Gott und Kirche immer weniger anfangen können. Franziskus’ Ruf, an die Ränder zu gehen, ist eine Aufforderung zu mehr Offenheit, zu einer neuen Haltung – die Ich-Bezogenheit zu verlassen und sich daran zu orientieren, was andere von uns brauchen.

Franziskus rückt die Prioritäten zurecht: Erst kommt der Glaube an und die Begegnung mit Jesus Christus. Und dann kommt die Kirche. Am Vorbild Jesu hat sich alles auszurichten. 

Und: Alles, wozu Franziskus uns aufruft, soll aus einer tiefen Gottesbeziehung heraus entstehen. Ohne den gelebten Glauben verkommt die Kirche zu einer weltlichen Nichtregierungsorganisation, einer NGO, wie Franziskus immer wieder warnt.

Doch auch das Gegenteil will er nicht: einen Kult aus Selbstzweck, eine Frömmigkeit ohne Folgen im täglichen Leben. Darauf hat er noch vor wenigen Tagen hingewiesen: Kein Christ kann mit Gebet und Frömmigkeit zudecken, was er an Gerechtigkeit, Ehrlichkeit und Nächstenliebe unterlässt. Kein Gottesdienst ohne Menschendienst. 

Wie sein Namenspatron ruft Papst Franziskus die Kirche – Kardinäle, Bischöfe und Priester, aber auch jeden Gläubigen – zur Umkehr auf. Dabei wird er nicht nur Jubel ernten, wie zunehmende mediale Kritik zeigt. Aber: Die Kirche brauchte vor zwei Jahren und braucht auch heute noch einen solchen Franziskus. Hoffentlich können wir noch oft seinen Wahltag feiern!