26.05.2015
Kommentar
Ein Glauben fürs Leben
Von Ulrich Waschki
„Religion ist für den Alltag der meisten Menschen einfach nicht mehr relevant“, schrieb die Tageszeitung „Die Welt“ in ihrer Pfingstausgabe, um den Niedergang des christlichen Glaubens in Westeuropa zu erläutern. Der Glaube an den menschgewordenen Gott hat für viele Zeitgenossen tatsächlich nichts mehr mit ihrem täglichen Leben zu tun. Allenfalls als ein Rest von Tradition, um Meilensteine im Lebenslauf zu begleiten, oder als eine Art Aberglaube oder Rückversicherung. Vielleicht hilft es ja irgendwann.
In dieser Zeitung haben wir in den Wochen seit Ostern etwas ganz anderes erfahren: Zahlreiche Leserinnen und Leser schrieben ihre Glaubenserfahrungen auf, um sie anderen mitzuteilen. Das waren spannende, zum Teil bewegende Einblicke in eine persönliche Glaubenswelt, die doch alltagsprägend ist. Und in dieser Ausgabe zeigen wir fünf Gründe, Christ zu sein. Auch diese Gründe sind sehr diesseitig, eben alltagstauglich. Denn tatsächlich ist unser Glaube ein Glaube, der zum Leben hilft.
Wir glauben an einen Gott, der alle Höhen und Tiefen des menschlichen Leben selbst erlebt hat, der ein menschliches Gesicht bekommen hat, an den wir uns wenden können – in Freud und Leid, in Dankbarkeit und Verzweiflung, mit Lob und Dank, aber auch mit Bitten und Klagen. Selbst die „Süddeutsche Zeitung“, eine der großen säkularen Tageszeitungen, erkannte kürzlich, welche Kraft das Gebet hat. Das Gebet kann helfen, mein Leben zu reflektieren, es anders oder gar ganz neu auszurichten. Es gibt Frieden, weil ich dabei erfahren kann, dass ich eben nicht alles selbst leisten kann und muss.
Das Leben Jesu – die radikale, aber fordernde Botschaft der Liebe bis hin zum Tod am Kreuz, ohne Gegenwehr, ohne Hass, sogar mit Vergebung für die Täter – ist ein Vorbild für ein gelingendes Leben, das sich nicht damit abfindet, dass die Dinge eben so sind, wie sie sind. „Liebet einander, wie ich euch geliebt“ – wer diesem Auftrag Jesu folgt, lebt anders. Sicher ist es schwer, nicht mit Abwehr, Missgunst oder gar Hass auf Nachlässigkeiten oder Angriffe zu reagieren, nicht Gleiches mit Gleichem zu vergelten. Wenn ich versuche, mit Vergebung und Liebe zu reagieren, führt mich das aber letztlich zu innerem Frieden. Nicht in ferner Zukunft, sondern jetzt. Hier und heute. Um diesem Weg zu folgen, brauche ich aber die Rückbindung an Gott, im Gebet, in der Liturgie.
Und vielleicht strahle ich dann auch mal etwas von dieser frohen Botschaft an meine Mitmenschen aus.