14.04.2014

Eine Ordensfrau ist Überraschung in italienischer Castingshow

Eine Nonne rockt

Eine 25-jährige Ordensfrau hat bei der italienischen Ausgabe der Castingshow „The Voice of …“ einen starken Auftritt abgeliefert. Wer ist die Frau, deren Video über 44 Millionen Mal angeklickt wurde?

Sr. Cristina Scuccia bei „The Voice of Italy“ Foto: kna-bild

Zum Vergleich: Die bekannteste deutsche Punkrockband, „Die Toten Hosen“, bringen es mit ihrem meistgeklickten Hit auf 17 Millionen Aufrufe – in zwei Jahren. Mehr als 44 Millionen Menschen hatten bis Mitte April im Internet auf YouTube ihr Video vom Auftritt in „The Voice of Italy“ - eine italienische Castingshow - gesehen.

Dort sitzen die vier Juroren in Sesseln mit dem Rücken zur Bühne. Hinter ihnen singt Sr. Cristina das Lied „No one“ der US-Sängerin Alicia Keys. Die Jurymitglieder sehen zuerst nicht, wer dort singt. Erst nachdem sie einen Knopf gedrückt haben, dreht sich der Sessel. Offene Münder und große Augen – das Erstaunen ist den Juroren ins Gesicht geschrieben. Das hatten sie nicht erwartet: dass diese Stimme einer Nonne gehört. Der Rapper J-Ax bekommt sogar feuchte Augen.

Geboren ist Cristina Scuccia in Comiso, einer 30 000-Einwohner-Stadt auf Sizilien. Sie sagt, es sei immer ihr Wunsch gewesen, eine berühmte Sängerin zu werden. „Das war immer mein Ziel und meine Familie hat mich dabei unterstützt. Aber ich habe irgendwann gemerkt, dass mir tief drinnen etwas fehlt“, sagt Sr. Cristina. Was dieses „etwas“ war, wusste sie lange nicht. Sie spielt Gitarre, hat eine Gesangsausbildung. Mit 18 Jahren bewirbt sie sich bei der italienischen Casting-Show „Amici“, kommt aber nicht weit.

Nach der Firmung war auch sie weg

„Nach der Firmung war ich weg von der Kirche, und ich war wütend auf Gott. Für mich ging es nur um meinen Gesangsunterricht, meine Kurse an der Akademie der Unterhaltung in Catania und um Auftritte mit meiner Band“, erzählt sie. Cristina hat eine Ausbildung als Buchhalterin, studiert in Rom Kunst, hat einen Freund und ist dennoch unzufrieden, ist auf der Suche.

Die Wende kommt 2008. Da hört ihre Mutter von einem Musical über Schwester Rosa, die Gründerin des Ursulinenordens von der Heiligen Familie. Die suchen eine Sängerin für die Hauptrolle. „Meine Mutter hat mich gedrängt, mich zu bewerben“, sagt Sr. Cristina. Sie singt, lernt tanzen, spielen und entschließt sich, die Star-Rose-Academy zu besuchen, eine Einrichtung der Ursulinen. Sie wird von Claudia Koll geleitet, einer Schauspielerin, die als Erwachsene wieder zum Glauben gefunden hat. Ihre Gesangslehrerin sagt ihr immer wieder: „Du musst den Vulkan in dir zum Ausbruch bringen.“

Die Musik hilft ihr bei den Straßenkindern

Cristina ringt mit sich. Schließlich entscheidet sie sich gegen die große Gesangskarriere. 2010 geht sie ins Noviziat, zunächst nach Brasilien. Hier lebt sie mit fünf anderen Novizinnen und arbeitet mit Straßenkindern. „Die Musik hat mir geholfen, mit ihnen in Kontakt zu kommen“, sagt sie. 2012 legt sie ihre Gelübde ab. Seither lebt und arbeitet sie in Mailand. Ihre Mitschwestern haben sie zur Show begleitet und sind auf dem Internetvideo ebenfalls zu sehen: Wie sie mittanzen zur Musik ihrer Cristina. 

Die ist jetzt eine Runde weiter. Bis zum Finale sind‘s noch sechs Runden. Am 16. April muss sie das nächste Mal antreten und bis zu einem Sieg am 5. Juni noch gegen 63 Konkurrenten gewinnen.

Markus Kremser