18.02.2013
Anfrage
Haben Tiere eine Seele?
Stimmt es, dass die katholische Kirche die Ansicht vertritt, Tiere hätten keine Seele? Ich kann nicht glauben, dass die Kirche Gottes Schöpfung verleugnet. C.K.
Tierfreunde werden sicher sein: Tiere haben eine Seele. Sie haben Persönlichkeit und Charakter, sind fähig zu Liebe und Treue, verspüren Angst und Freude. Aber sind das Kennzeichen einer „Seele“ im theologischen Sinn, gar einer „unsterblichen Seele“?
„Der Begriff der Seele ist sehr schillernd“, sagt Rainer Hagencord, Theologe, Verhaltensbiologe und Gründer des Instituts für „Theologische Zoologie“ in Münster. „Es ist ein poetischer Begriff über das, was eigentlich nicht zu begreifen ist, nämlich das Geheimnis, das Göttliche in jedem Geschöpf.“ Das Alte Testament beschreibt an vielen Stellen, dass Gott allem Sein den Lebensatem, den „Odem“, eingehaucht hat. „Und das bezieht sich auch auf die Tiere“, so Hagencord. „Die Bibel kennt den Dualismus von Leib und Seele nicht, der später durch die griechische Philosophie ins Christentum eingewandert ist. Für die Bibel sind Leib und Seele eins – bei allen Geschöpfen Gottes.“ Und so werden die Tiere in der Schöpfungserzählung noch vor den Menschen gesegnet, und sie sind Bündnispartner Gottes in der Erzählung von der Arche Noah.
Dass Tiere eine „Seele“ haben, wird in der Theologie deshalb kaum bestritten. Allerdings waren frühe Theologen wie Augustinus oder Thomas von Aquin, die sehr vom Leib-Seele-Dualismus geprägt waren, der Meinung, dass die Tierseele im Unterschied zur Menschenseele mit dem Tod zugrunde geht. Gerade auch im Blick auf die Evolution hält Hagencord diese Auffassung für nicht stichhaltig. „An welcher Stelle der Evolution soll die unsterbliche Seele denn hinzugekommen sein?“, fragt er. „Beim Neandertaler vielleicht, beim Homo Erectus oder erst beim Homo Sapiens? Wir müssen wieder zurück zum einheitlichen Bild der Bibel, wonach bei jedem Geschöpf Leib und Seele untrennbar zusammengehören.“
Kommen Tiere demnach auch in den Himmel? „Gott ist ein Liebhaber des Lebens“, sagt Rainer Hagencord. „Er lässt auch die Tiere nicht ins Nichts fallen.“ Der Katechismus sagt dazu im Übrigen nichts Genaues. „Der Katechismus beschäftigt sich mit den Tieren nur im Zusammenhang mit ethischen Fragen wie etwa dem respektvollen Umgang mit ihnen“, sagt Hagencord. Dass Tiere mehr sind als eine „Sache“, ist damit aber offensichtlich.
Susanne Haverkamp