16.10.2013
Ist ein Ehevertrag ein Annulierungsgrund?
Darf ein katholisches Paar einen Ehevertrag abschließen? Oder ist das schon ein Annullierungsgrund, weil der Ehewille nicht ausreichend war/ist, sofern der Vertrag Regelungen für den Fall des Scheiterns enthält?
H. H., Mainz
Diese Frage kann man nicht pauschal mit Ja oder Nein beantworten. Grundlegend für eine „gültige“ Ehe nach dem Kirchenrecht ist, dass das Eheversprechen nicht beeinträchtigt ist, also dass etwa anerkannt wird, dass die Ehe unauflöslich ist.
Ein Ehevertrag an sich sagt losgelöst von der Motivation, in der er abgeschlossen wird, noch nichts über die Gültigkeit der Ehe. Und selbst wenn eine Ehe nach Kirchenrecht formal „nichtig“ ist, kann die Ehe der Partner glücklich verlaufen. Die Frage nach der „Nichtigkeit“ stellt sich ohnehin erst beim Scheitern einer Ehe. Dann kann ein kirchliches Ehegericht feststellen, ob die Ehe ungültig zustande gekommen ist. Dabei wird auch geprüft werden, ob der Ehewille nach katholischem Verständnis vorhanden war.
In diesem konkreten Fall wird dann für die konkreten Eheleute geprüft, ob zum Beispiel der Ehevertrag ein Beleg dafür ist, dass einer oder beide Eheleute die Unauflöslichkeit grundsätzlich infrage gestellt haben. Dies muss dann aber die Einzelfallprüfung zeigen und kann nicht pauschal vorab erklärt werden.
Mit dem hohen Anspruch an die Eheleute soll auch ein wechselseitiger Schutz gegeben werden: Niemand soll leichtfertig eine Ehe eingehen in der Annahme, sie bei „Bedarf“ dann schnell wieder lösen zu können. Dies ist insbesondere in der Geschichte der Frauenrechte ein Fortschritt gewesen. Es ist nicht Sache des Mannes, über seine Ehefrau zu entscheiden – beide Partner geben sich in der christlichen Ehe in gleichberechtigter und freiwilliger Weise einander hin und verpflichten sich gegenseitig auf die Treue.
Von Michael Kinnen