30.01.2012

Kann ein Bußgottesdienst die Beichte ersetzen?

Dann und wann wird in den Kirchengemeinden zu einem Bußgottesdienst eingeladen. Ersetzt der Bußgottesdienst die Beichte? W. M.

Sakramentale Beichte und Bußgottesdienst können sich nicht gegenseitig ersetzen. Die Beichte, also das Bekenntnis vor einem Priester, die Reue, Lossprechung und Wiedergutmachung nach besten Kräften, ist als Sakrament der Versöhnung nach der Taufe vor allem für die „schweren Sünden“ beziehungsweise „Todsünden“ vorgesehen. Darunter versteht der Katechismus solche bewussten Taten, die „die Liebe im Herzen des Menschen durch einen schweren Verstoß gegen das Gesetz Gottes“ zerstören. Das bedeutet: „In ihr (der „Todsünde“) wendet sich der Mensch von Gott (...) ab und zieht ihm ein minderes Gut vor.“ (Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 1855). Dies zu heilen, ist Ziel des Versöhnungssakramentes.
Das Bekenntnis der sogenannten „lässlichen Sünden“, also praktisch der „alltäglichen Fehler“, in der Beichte ist dagegen zwar nicht vorgeschrieben, aber empfohlen; denn der Ruf zur Besinnung und Umkehr ist eine fortwährende Aufgabe für die ganze Kirche: „Kehrt um und glaubt an das Evangelium!“ (Markusevangelium 1,15). Jesus ist nicht gekommen, um die Sünder zu verurteilen, sondern um sie zu retten (siehe Johannesevangelium 3,17). Jeder Mensch ist auf die Vergebung angewiesen. Der Bußgottesdienst leistet zu dieser Erkenntnis einen wichtigen Beitrag, indem er den Ruf zur Umkehr und den Versöhnungswillen Gottes in den Blick nimmt. Deshalb hat auch der Bußgottesdienst seinen eigenen pastoralen Wert und kann nicht gegen die Beichte aufgerechnet oder ausgespielt werden. Er ist auch nicht zu verwechseln mit einer Art „Generalabsolution“, die nur in schweren Notlagen, zum Beispiel in unmittelbarer Todesgefahr, möglich ist.
In der Eucharistiefeier gibt es die Gewissensprüfung im „Herr, erbarme dich!“ und schließlich die Bitte um Vergebung auch in dem Zuspruch: „Der allmächtige Gott erbarme sich unser, er lasse uns die Sünden nach und führe uns zum ewigen Leben. Amen.“
Michael Kinnen