03.09.2014

Kommentar

Kein Populismus

Von Andreas Kaiser

Als die Bundesregierung in der vergangenen Woche ihr Ideenpaket „gegen den Sozialmissbrauch durch Angehörige der EU-Mitgliedsstaaten“ vorgestellt hat, war die Empörung der Opposition und einiger Sozialverbände groß. Fast reflexhaft attestierten die Grünen der Regierung „Populismus“. Der Deutsche Caritasverband monierte, die aktuelle Debatte mache „Vorurteile und Diskriminierung salonfähig“. Doch bei Licht betrachtet schießen beide Vorwürfe doch deutlich über das Ziel hinaus.

Wer sich den Katalog von Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) und Innenminister Thomas de Maizière (CDU) einmal näher anschaut, wird schnell feststellen: Das Papier ist vor allem auch eine Ohrfeige gegen die Scharfmacher in den eigenen Reihen. Klipp und klar wird da festgehalten, dass von einer massenhaften Zuwanderung in unser Sozialsystem – wie dies zuletzt etliche Politiker der CSU unter der markigen Parole „Wer betrügt, der fliegt“ beschrien hatten – längst keine Rede sein kann. Die allermeisten, die da aktuell nach Deutschland kommen, wollen arbeiten. Und tun es auch.

Folgerichtig stellte der Innenminister jetzt fest: Klar, habe die Zuwanderung aus einigen Staaten seit der EU-Osterweiterung zugenommen. Doch im gleichen Atemzug sagte er auch: „Das ist eine gute Nachricht für unser Land.“ Die meisten Zuwanderer trügen hier zum Wohlstand bei. Und wo dies nicht der Fall ist, will die Bundesregierung nachhelfen. Etwa mit Integrationskursen und großzügigen Finanzspritzen an Kommunen wie Duisburg, Offenbach oder Dortmund, in denen die Zahl von Leistungsempfängern aus Bulgarien und Rumänien zuletzt deutlich über den Durchschnitt angestiegen ist. Außerdem sollen zukünftig die Aufenthaltsgenehmigungen für jene Zuwanderer nicht mehr verlängert werden, die nach sechs Monaten noch immer keine Arbeit haben. Ausgewiesen werden sollen auch Personen, die sich hierzulande Kindergeld erschleichen, obwohl sie in ihrer Heimat schon welches bekommen. Die Koalitionäre wissen: Ein ungebremster Export von Sozialproblemen von einem Land ins andere würde letztendlich der gesamten europäischen Idee großen Schaden zufügen.

Dass das Vorhaben der Großen Koalition kein Populismus ist, macht auch ein anderer Umstand deutlich. Bisher haben weder Ausländerverbände noch Integrationsbeauftragte das Vorhaben kritisiert. Im Gegenteil. Nahles und de Maizière haben eine zuletzt recht aufgeheizte Debatte endlich versachlicht.