10.04.2011

Lila – Farbe der Fastenzeit und der Emanzipation?

Wenn von der Frauenbewegung die Rede ist, liest man oft von lila Latzhosen. Warum hat sich die Emanzipation die Farbe der Fastenzeit ausgesucht?
Maria Brand, Eitting

 

Lila Latzhosen trägt heute niemand mehr. In der katholischen Kirche aber sind Priestergewänder in Lila oder Violett nie aus der Mode gekommen. Zweimal im Jahr – im Advent und in der Fastenzeit – ist Violett am Altar die „Farbe der Saison“ und das seit mindestens 750 Jahren.
Zu Beginn des 13. Jahrhunderts führte Papst Innozenz III. einen Farbkanon verbindlich ein: Rot für Märtyrer-Festtage und Pfingsten, Schwarz für Totenmessen und Violett als Farbe der Buße und Umkehr. Im Alltag werden Violett (vom lateinischen Wort für Veilchen) und Lila (aus dem Arabischen übernommenes Wort für Flieder) oft gleichbedeutend verwendet. In esoterischen Farblexika gilt Violett als Farbe, mit der man Reinigungsprozesse in Gang setzt – bei körperlichen Blockaden wie psychischen Unklarheiten. Violett soll aber auch Disharmonien ausgleichen und zwischen Gegensätzen vermitteln.
Diese Deutung findet man bereits bei mittelalterlichen Mystikern. Sie sehen in der Mischung aus rot und blau die Verbindung zwischen der Welt des Körpers (rot) und der Welt des Geistes (blau).
Das Vermittelnde dürfte kaum der Grund gewesen sein, warum die Frauenbewegung diese Farbe als Erkennungsmerkmal wählte. Auch Goethes wenig positive Assoziationen waren wohl nicht ausschlaggebend. Verbindet er doch mit Lila die „Schrecken des Weltuntergangs“.
Den wollten die Feministinnen kaum heraufbeschwören, eher einen gesellschaftlichen Umsturz. Dafür setzten sie ein provokatives Zeichen: mit lila Tüchern und hennagefärbten Haaren – ein Gegenentwurf zum adretten Frauenbild der Nachkriegsgeneration. Das feminis-tische Forschungsinstitut FrauenMediaTurm sieht in der Farbe die Mischung des „männlichen Blau“ und des „weiblichen Rosa“. Außerdem hätte die antike Dichterin Sappho, die junge Frauen auf der Insel Lesbos unterrichtete, Violett oft erwähnt. Schließlich galten Veilchen und Violett im Mittelalter als Zeichen, dass man unverheiratet war und bleiben wollte.
Veronika Wawatschek