07.09.2011
Macht Weihrauch high?
Ich habe mal gehört, dass Weihrauch high macht, also Rauschzustände herbeiführen kann. Stimmt das?
M.K. München
Die Antwort kann man im Stile Radio Eriwans geben: „Im Prinzip nein. Aber …“
Zwar halten sich seit Jahren Gerüchte, wonach im Weihrauch auch das bewusstseinsverändernde Tetrahydrocannabiol (THC ist der Stoff, der Hanf zur Droge macht) enthalten sei. Doch Beweise dafür gibt es nicht. Wissenschaftler konnten im Rauch des Harzes, das durch Anritzen von Bäumen der Gattung Boswellia gewonnen wird, zuletzt zwar bis zu 200 chemische Verbindungen isolieren. Die Vermutung aber, dass sich bei der Pyrolyse – der Spaltung organischer Verbindungen durch Hitze – auch die Harzbestandteile Verbenol und Olivetol zu THC verbinden könnten, blieb bis heute bloße Theorie.
Bereits 1991 gelang dagegen dem Tübinger Pharmakologen Hermann Ammon der Nachweis, dass Weihrauch, genauer gesagt die darin enthaltenen Acetyl-11-keto-b-Boswellia-Säure, eine entzündungshemmende Wirkung hat, mit der sich die Symptome von Krankheiten wie Neurodermitis, Morbus Crohn, Asthma und Multiple Sklerose lindern lassen. Dies ahnten schon die alten Ägypter. Doch spätestens das Aufkommen moderner Medikamente wie Kortison und Antibiotika verdrängte das Naturheilmittel aus dem ärztlichen Bewusstsein.
Seit 2008 gibt es zudem ernstzunehmende Hinweise darauf, dass Weihrauch antidepressiv wirkt. Nach Angaben von Arieh Moussaieff von der Uni Jerusalem zeigten Mäuse, denen er das im Weihrauch vorhandene Incensol gespritzt hatte, plötzlich weniger Angst und waren deutlich entspannter als ihre unbehandelten Artgenossen. Neben der Wirkung auf bestimmte Hirnregionen könne Incensol zudem der Haut ein Gefühl von Wärme vermitteln. Beides zusammen verstärkt möglicherweise das Hochgefühl bei religiösen Zeremonien, so Moussaieff.
Vom Inhalieren des Rauchwerks rät der Forscher ab. Weihrauch enthält wie Tabak krebserregende Stoffe und kann Übelkeit auslösen.
Andreas Kaiser