04.07.2013
Beim Weltjugendtag in Rio eröffnet Franziskus ein Suchtzentrum
Papst geht zu den Drogenkranken
Beim Weltjugendtag in Rio de Janeiro will Papst Franziskus im Krankenhaus "Sao Francisco de Assis" eine neue Abteilung für Drogensüchtige einweihen. Die Station soll nach Aussage der Klinikleitung seelisch verletzten Menschen neue Hoffnung und eine zweite Chance zu geben, allen voran drogenabhängigen Kindern und Jugendlichen. Es wird der "franziskanischste Moment" der Papstreise, glaubt Bruder Francisco Belotti, Chef des Krankenhauses.
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Bruder Francisco Belotti
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Schon Wochen vor dem Besuch am 24. Juli entsteht im Innenhof eine kleine Tribüne, von der Papst Franziskus und der Erzbischof von Rio, Joao Orani Tempesta, zu 500 Anwesenden sprechen sollen. Maler streichen die Innenwände einer kleinen Kapelle, in der eine zehnminütige Andacht stattfinden wird. Gemeinsam mit Patienten und Angestellten will der Papst beten und singen, auch die Leidensgeschichten drogenkranker Patienten hören.
"Es war alles eine große Überraschung für uns", sagt Belotti. Seit zwei Jahren leitet der Franziskanerorden das Krankenhaus. Nachdem umgerechnet zehn Millionen Euro investiert wurden, gilt das "Sao Francisco" als Modellhospital, vor allem auf dem Feld von Transplantationen. 2.500 Angestellte versorgen Privatpatienten wie auch Kranke, die über das staatliche Gesundheitssystem eingewiesen werden. Es ist eines von 60 Projekten, das der Franziskanerorden in den Bundesländern Sao Paulo, Rio de Janeiro und Goias unterhält. Warum der Papst ausgerechnet hierherkommt?
Der persönliche Wunsch des Papstes
"Der Vertreter des Vatikans hat uns gesagt, dass es sein persönlicher Wunsch gewesen sei", sagt Belotti. Als Papst Franziskus den Namen des Krankenhauses hörte, habe er gesagt: "Dort gehe ich hin." Sein besonderes Interesse soll die Arbeit mit Drogenkranken geweckt haben. Für sie stehen insgesamt 500 Betten in neun Einrichtungen zur Verfügung. Genug sei das noch lange nicht, meint Belotti. Sobald man eine neue Einrichtung eröffne, sei sie schon überbelegt.
Der Klinikleiter zitiert eine Statistik, nach der in Brasilien von 25 entzugswilligen Drogenabhängigen nur einer einen entsprechenden Platz findet. "Sao Francisco" behandelt Alkoholkranke und andere Abhängige. In den vergangenen Jahren stieg laut Belotti die Zahl der Crack-Konsumenten sprunghaft. Crack, auf Kokain-Basis hergestellt, macht mit der ersten Einnahme süchtig. "Wir sprechen schon nicht mehr von einer Epidemie; die kann man kontrollieren. Wir stehen leider einer Pandemie gegenüber." Der jüngste Drogenpatient ist gerade mal acht Jahre alt. In einem anderen Fall betreut die Klinik einen jungen Abhängigen zusammen mit seinen süchtigen Eltern. "Uns war klar, dass die Familie nur eine Chance hat, wenn alle drei gleichzeitig den Entzug machen", sagt Belotti.
Im Mittelpunkt steht das Treffen mit den Süchtigen
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Im Krankenhaus laufen die Umbaumaßnahmen auf Hochtouren. Fotos: kna-bild |
Bei seinem Besuch will Papst Franziskus einen neuen Trakt mit vier Etagen einweihen, ausschließlich für den Drogenentzug. Im Mittelpunkt stehe aber das "Zusammentreffen mit durch Drogen verletzten Menschen", so Belotti. "Kein politischer, sondern ein pastoraler Besuch." Am Tag nach der Papstvisite gehen die beiden unteren Stockwerke mit 48 Betten in Betrieb, ab September auch die beiden oberen. Dann wird man 70 Patienten betreuen können. Der Vatikan hat umgerechnet 850.000 Euro für das Gebäude gestiftet, "ein wahres Erbe des Weltjugendtags für Rio de Janeiro", so der Klinikleiter.
Während der Zeremonie im Innenhof wird ein Geschwisterpaar dem Papst seinen besonderen Dank aussprechen und ein Geschenk übergeben: eine kleine Statue, die den heiligen Franziskus zeigt, der einen Kranken umarmt. Gefertigt hat sie ein ehemaliger Drogenabhängiger, dem es gelungen ist, sich dank der Hilfe des Franziskanerordens aus der Abhängigkeit zu befreien. Auch für die beiden Geschwister ist es ein besonderer Moment: "Beide Eltern waren drogenabhängig, doch wir konnten sie retten", erzählt Belotti. Er ist sich sicher, dass es der emotionalste Moment der ersten Auslandsreise des Papstes wird - und eben der «franziskanischste".
Von Thomas Milz