05.02.2013

Sind auch die Kirchenmitglieder, die keine Kirchensteuer zahlen?

Vor einiger Zeit gab es ein Gerichtsurteil: keine Mitgliedschaft in der Kirche ohne Kirchensteuerpflicht. Was aber ist mit Rentnern oder anderen, die grundsätzlich keine Kirchensteuer zahlen?
R. u. J.-H. P., G.

Der Vatikan und die deutschen Bischöfe haben im vergangenen Jahr klargestellt: Wer vor einer staatlichen Behörde in Deutschland seinen Kirchenaustritt erklärt, um Steuern zu zahlen, ist auch wirklich ausgetreten. Eine Mitgliedschaft in der Kirche ohne Kirchensteuerpflicht geht nicht.
Grundlage hierfür ist das kirchliche Recht. Es sieht vor, dass Katholiken ihre Kirche auch materiell unterstützen müssen. In Deutschland geht das über die Kirchensteuer: Dieses System ist einmalig in der Welt und hat sich historisch entwickelt. Der Staat zieht für die Kirchen die Steuern ein und erhält dafür eine Aufwandsentschädigung. Für beide Seiten eine wirtschaftlich vernünftige Lösung. Die Kirchensteuer errechnet sich aus der Lohn- und Einkommensteuer, die ein Steuerpflichtiger zahlt. In Bayern und Baden-Württemberg beträgt der Kirchensteuersatz 8 Prozent der Einkommensteuer, im übrigen Bundesgebiet 9 Prozent.
Wer diese Steuer nicht zahlen will und deshalb vor einer Behörde seinen Kirchenaustritt erklärt, verliert seine Mitgliedsrechte. Er kann keine Sakramente empfangen, keine kirchlichen Ämter übernehmen oder Pate sein.
Das alles gilt aber nicht für jemanden, der ohnehin keine Steuern zahlt. Rentner, Studenten oder Arbeitslose etwa, die keine Lohn- oder Einkommensteuer entrichten, sind dennoch vollständige Kirchenmitglieder mit allen Rechten. Schließlich wäre es unzumutbar, von Menschen, deren Einkommen so gering ist, dass selbst der Staat sie nicht zur Kasse bittet, Kirchensteuern zu erheben. Hier gilt dasselbe Prinzip wie im Sozialstaat: Die starken Schultern müssen mehr tragen als die schwachen.
Und: Tatsächlich hängt die Kirchenmitgliedschaft nicht am Geld. Sie begründet sich durch die Taufe. Doch wer getauft ist und wirtschaftlich dazu in der Lage, muss seine Kirche auch finanziell unterstützen.
Ulrich Waschki