25.07.2014
Birgit-Maria Krietemeyer, erst Computerbranche dann Orden
Und sie entdeckte die Perle
Die Perle finden, für die es sich lohnt, alles zu verkaufen? Sein Leben ganz umkrempeln und den Weg finden, der zum Glück führt? Für Birgit-Maria Krietemeyer (48) hat diese Bibelstelle im Leben eine direkte Parallele gefunden.
Kaufen und verkaufen – das ist ihr Geschäft. Als Marketingassistentin ist sie in der Computerbranche tätig: Birgit-Maria Krietemeyer. Sie kommt herum in der Welt: Ihr Leben läuft „zwischen Hannover-Messe, Spanien und Amerika“, sagt sie: Ausstellungen, Verkaufsgespräche und Taktiken, um die Produkte noch besser an den Kunden zu bringen. Sie hat einen Freund, will heiraten und Kinder kriegen.
Am Wochenende nimmt sie gelegentlich eine Auszeit im nahe gelegenen Kloster Hegne am Bodensee. Eine Bekannte war dort bei den Schwestern eingetreten. Es geht Birgit-Maria Krietemeyer darum, mal abzuschalten vom Berufsalltag.
Ein Satz aus der Bibel wie viele andere. Oder?
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In Kloster Hegne am Bodensee wollte Birgit-Maria Krietemeyer auf andere Gedanken kommen. Dann aber hat es sie „wie ein Blitz getroffen“. Foto: Kloster Hegne |
Auch als ihre Beziehung in die Brüche geht, sie sich von ihrem Freund trennt, will sie ein paar Tage dort verbringen, um wieder auf andere Gedanken zu kommen und ihr Leben neu zu ordnen. Das war um den Jahreswechsel 1995/96.
Im Kloster Hegne bieten die Franziskanerschwestern vom Heiligen Kreuz Einkehrtage an. Auch Birgit-Maria Krietemeyer ist dabei. An einem Morgen sitzt sie in der Kirche am Grab der seligen Ulrika von Hegne, die dort besonders verehrt wird. Vor einem Kerzenständer liegen Gedenkbildchen mit der Lebensgeschichte der Seligen. Und es steht ein Bibelvers drauf: „Als er die kostbare Perle fand, ging er hin, verkaufte alles, was er hatte, und kaufte sie.“
Für Birgit-Maria Krietemeyer ist das zunächst nur ein Satz aus der Bibel wie viele andere. Während der Einkehrtage begegnet ihr in Gesprächen ein weiterer Bibelvers – aus dem Prophetenbuch Jesaja: „Ich bin der Herr, dein Gott, der dich lehrt, was Nutzen bringt, und der dich auf den Weg führt, den du gehen sollst.“
Wie vom Blitz getroffen: Ich bin gemeint!
„Da fügten sich die Puzzleteile zusammen und ich habe gespürt: Ich bin gemeint!“ Es habe sie „wie ein Blitz getroffen“, sagt sie. Sie, die doch in der Wirtschaftsbranche gut verdient; sie, die noch vor einiger Zeit Hochzeitswünsche hatte: Sie ist gemeint mit diesem Ruf Gottes. Sie soll die kostbare Perle entdecken, die ihr Leben verändert.
Zunächst weist sie den Gedanken von sich: „Was soll ich im Kloster?“ Doch die Sehnsucht lässt ihr keine Ruhe mehr. Sie sucht den Kontakt zu einem geistlichen Begleiter, mit dem sie über ihre Erfahrungen und die neuen Fragen sprechen kann: „Das war bewusst kein Priester oder ein Ordensmensch, sondern ein Familienvater.“ Sie will sich nicht schon für eine Richtung festlegen.
Hin- und hergerissen fühlt sie sich: Was müsste sie alles aufgeben, wenn sie ins Kloster ginge? Sie hat doch gar keinen Beruf gelernt, den sie auch im Kloster ausüben könnte. Wieso soll sie nicht auch in ihrem bisherigen Computerberuf als Christin leben und von Gott geführt werden?
Um mehr Sicherheit zu bekommen, sammelt sie in ihrer Firma Überstunden an und nimmt eine viermonatige Auszeit. Sie will auf Probe“ in einem Kloster mitleben. Sie geht nach Oppenau, wo die Kreuzschwestern von Hegne eine Niederlassung haben. Sie arbeitet im Altenheim der Schwestern mit. „Nach zwei Monaten merkte ich: Das ist es.“ Sie bittet die Oberin, in den Orden eintreten zu dürfen.
Die Reaktionen aus ihrem Umfeld sind unterschiedlich. Nicht alle haben Verständnis. Manche belächeln sie. Das, was sie vorhat, bedeutet eine radikale Umstellung ihres Lebens. Das bedeutet auch: alles verkaufen, einen neuen Anfang wagen. „Es war keine Flucht, sondern eine bewusste Entscheidung“, sagt sie.
Ein hoher Einsatz. Aber auch ein hoher Gewinn!
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Schwester Birgit-Maria Krietemeyer |
Sie darf zwar ins Kloster „alles mitbringen, worauf ich nicht verzichten kann“. Ihr Auto verkauft sie dennoch, den Job in der Computerbranche beendet sie, die bisherige Wohnung löst sie auf. Ein Wagnis. Und dazu ein völlig neuer Beruf – sie lässt sich mit 30 Jahren noch zur Gemeindereferentin ausbilden.
Ein hoher Einsatz – aber mit hohem Gewinn, davon ist sie überzeugt. Und bereut es nicht. „Als ich auf dem Klosterhof stand, habe ich gespürt: Jetzt bin ich angekommen. Da wurde mir klar, wie sehr ich gesucht hatte“, sagt sie. Das war vor 18 Jahren.
Von Michael Kinnen