18.04.2012
Verbietet die Bibel den Sex ohne Trauschein?
Heute wird von vielen Paaren statt einer Ehe eine freie sexuelle Partnerschaft gelebt mit dem Hinweis, das sechste Gebot verbiete nur Ehebruch, nicht aber sexuellen Verkehr in einer Beziehung. Die Heilige Schrift habe keine besondere Regelung für eine solche „Beziehung“ vorgesehen, sie verbiete diese nicht einmal.
I. G. aus N.
Die kirchliche Sexuallehre ist nicht umsonst eines der strittigsten Themen innerhalb der katholischen Kirche. Einerseits hat sie beigetragen zu Verletzungen und Verklemmtheiten, weil das sechste Gebot oft viel weiter als nur auf den Ehebruch angewandt wurde. Andererseits gibt es genügend Gründe, dass dieser wichtige Lebensbereich des Menschen ethisch geregelt sein muss.
Das biblische Gebot lautet: „Du sollst nicht die Ehe brechen“ (Exodus 20,14; Deuteronomium 5,18). Formuliert wurde es zu einer Zeit, als die Vielehe erlaubt war und eine Frau als Besitz ihres Mannes galt. Deshalb brach ein Mann nicht die eigene Ehe, sondern (in) die Ehe eines anderen Mannes (ein), indem er Geschlechtsverkehr mit einer verlobten oder verheirateten Frau hatte. Geschah das mit einer Unverheirateten, musste er deren Vater entschädigen und sie heiraten. Eine verheiratete Frau aber brach immer die Ehe, egal mit welchem anderen Mann. Grundsätzlich war Sexualität etwas Gutes. Im Hohelied wird die auch sexuelle Liebe eines jungen Paares wohlwollend geschildert.
Jesus verschärfte die Kriterien für Ehebruch: „Wer eine Frau nur lüstern ansieht …“. Er verstand Ehe weniger als Besitz, sondern als von Gott gestifteten Bund. So bekam die Ehe im Christentum eine neue Qualität. Gleichzeitig engte es die Sexualität ein, vor allem die damals gelebte Freizügigkeit des Mannes. Das heutige Konzept einer Lebenspartnerschaft kannten weder die biblischen Autoren noch ihre jeweiligen Kulturen.
Nach offizieller Lehre der katholischen Kirche, so der Katechismus (Nr. 2360–2370. 2390f), darf Sexualität in Form des Geschlechtsverkehrs nach wie vor nur in der Ehe gelebt werden. Dafür gelten nicht nur lautere Gründe des Paares, sondern auch objektive Maßstäbe: Sexualität dient der Weitergabe des Lebens und sie dient der Partnerschaft und bereichert sie. Für die Kirche sei Sexualität etwas so Wichtiges und Intimes, dass sie es mit der Institution Ehe schützen will, erläutert der Theologe und Arzt Manfred Lütz. Ähnlich sehen das auch andere Religionen.
Aber viele können das heute nur schwer nachvollziehen. Sie sagen: Solange zwei mündige Partner etwas frei und verantwortlich füreinander vereinbaren, soll ihnen keiner hineinreden. Hingegen werden Ehebruch wie Untreue überhaupt noch weitgehend missbilligt.
Roland Juchem