11.06.2012
Warum dürfen Priester keine politischen Ämter ausüben?
Mit welcher Verordnung wurde es katholischen Priestern untersagt, sich politisch zu betätigen und öffentliche Ämter anzunehmen?
F.-J. G., M.
Das geltende Kirchenrecht verbietet es Klerikern (mit Ausnahme der Ständigen Diakone), „öffentliche Ämter anzunehmen, die eine Teilhabe an der Ausübung weltlicher Gewalt mit sich bringen“ (Can. 285 §3 CIC). Priester dürfen also zum Beispiel nicht Landtags- oder Bundestagsabgeordnete werden.
Das Grundrecht auf Meinungsfreiheit nach Artikel 5 des Grundgesetzes gilt dabei selbstverständlich auch für Priester. Sie dürfen auch Mitglied einer Partei sein, sofern diese nicht christlichen Grundsätzen widerspricht, sie sollen sich aber nicht aktiv parteipolitisch betätigen, um nicht in Rollenkonflikt mit ihrem Verkündigungsauftrag als Priester zu kommen. Dies gilt auch für führende Positionen in Gewerkschaften (siehe Can. 287 § 2 CIC).
Diese Regelung ist noch recht neu in der Kirchengeschichte: Im Mittelalter gab es politisch sehr aktive (Fürst-)Bischöfe und später – in anderem Zusammenhang – etwa auch den Mainzer Bischof Wilhelm Emmanuel von Ketteler in den Jahren 1871/72 als Reichstagsabgeordneten.
In Artikel 32 des Reichskonkordates von 1933 sind Bestrebungen erkennbar, die heute gültige Trennung von Kirche und Staat auch in diesem Bereich deutlich zu machen. Die Deutsche Bischofskonferenz hat 1973 für ihren Bereich erklärt, dass „der Priester als der Zeuge der künftigen Welt eine gewisse Distanz zu jedem politischen Amt oder Einsatz wahren“ soll.
In der Regel hat die angestrebte Übernahme eines politischen Mandates von Priestern in der Weltkirche dazu geführt, dass sie suspendiert oder laisiert wurden: so etwa Ernesto Cardenal in Nicaragua oder der Staatspräsident von Paraguay, Fernando Lugo, der bis 2005 Bischof war.
Anders ist der Fall von Kardinal Laurent Monsengwo. Nach der Ära des Diktators Mobutu in Zaïre/Kongo leitete der Erzbischof von Kinshasa ab 1991 zeitweilig die Nationalkonferenz und war Sprecher des Übergangsparlaments. Das geschah aber, weil in dem zerstrittenen Land ihm allein eine solche Rolle zugetraut wurde. Monsengwo gab die Aufgabe bald wieder ab.
Michael Kinnen