14.05.2013

Anfrage

Warum sollen auch Kinder für die Todesstunde beten?

Wir beten mit unserem Enkel (8) das „Gegrüßet seist du, Maria.“ In jüngster Zeit fragt er nach dem Satz „… jetzt und in der Stunde unseres Todes.“ Er sagt, völlig verständlich, dass er damit nichts anfangen könne. Er sei nach menschlichem Ermessen doch noch so weit vom Tode entfernt. Was sollen wir antworten? Wie hat sich dieses Gebet entwickelt? Warum sollen auch Kleinkinder zu Maria für die Todesstunde beten?

H. J. L., Viersen

Das „Gegrüßest seist du, Maria“ ist sicher eines der wichtigsten Grundgebete überhaupt in der katholischen Kirche und mit Sicherheit das bekannteste Mariengebet. Der erste Teil des Gebets ist biblisch und entstand schon sehr früh, vermutlich schon im 6. Jahrhundert. Es verbindet den Gruß des Erzengels Gabriel „Sei gegrüßt, du Begnadete, der Herr ist mir dir“ (Lukas 1,28) mit dem Gruß der Elisabeth an ihre Cousine: „Gesegnet bist du mehr als alle anderen Frauen und gesegnet ist die Frucht deines Leibes“ (Lukas 1,42). Der zweite Teil des Gebets, die Bitte um Fürsprache „jetzt und in der Stunde unseres Todes“, ist viel später hinzugekommen und erst seit 1568 offziell angefügt.

Zweifellos gehört das „Gegrüßet seist du, Maria“ zum Gebetsschatz der Kirche, der an die nächste Generation weitergegeben werden soll. Früher geschah das durch „Mitbeten“, obwohl das Gebet in Sprache und Inhalt auf Erwachsene ausgerichtet ist – so wie noch vor 200 Jahren das ganze Leben auf Erwachsene ausgerichtet war und die Kinder einfach „mitmachten“. Heute wird dagegen darauf geachtet, den besonderen Bedürfnissen von Kindern im Leben, Lernen und auch im Glauben entgegenzukommen.

Deshalb ist man zurückhaltend damit, ihnen Gebete zu geben, die sie von Form und Inhalt nicht verstehen können. Selbst wenn Sie erklären: „Jeder Mensch kann zu jeder Zeit sterben“, wird Ihrem Enkel das bei Begriffen wie „Gebene­deit“, „Gnade“ oder „Sünder“ nicht viel weiter­helfen. Ich würde Ihnen daher raten, mit kleineren Kindern seltener dieses Gebet zu sprechen und häufiger auf gute Kindergebete oder auf selbst formulierte Dank- und Bittgebete zurückzugreifen.
Susanne Haverkamp