26.04.2012
Was bedeutet der Ausdruck „Jemandem die Leviten lesen“?
Was bedeutet der Ausdruck „Jemandem die Leviten lesen“? Woher kommt er?
Es ist und bleibt vielen Christen ein großes Anliegen: Einmal im Leben die Bibel von vorne nach hinten durchlesen. Meistens beginnt dieses Unternehmen ganz optimistisch. Die Geschichten der Erzeltern in der Genesis und des Auszugs aus Ägypten im Buch Exodus lesen sich ganz gut. Wenn aber als Nächstes das Buch Levitikus ansteht, wird‘s schwierig: eine nicht enden wollende Reihe von Geboten, Verboten, Flüchen und Regeln zu Reinheit, Essen und Kult der Israeliten.
Sich da hindurchzulesen, ist ein echtes Stück Arbeit, das man unter Umständen auch als Strafe verstehen könnte. Dies hat sich angeblich Bischof Chrodegang von Metz (um 716 – 766) zunutze gemacht, der jenen Geistlichen, die weniger durch Frömmigkeit als durch lockeren Lebenswandel auf sich aufmerksam machten, gerne aus dem Buch Levitikus vorlesen ließ.
Das war für die solchermaßen „Bestraften“ nicht nur ermüdend, sondern sollte ihnen vor Augen führen, was ein sündiges Leben vor Gott bedeutet. Hörten sie doch unter anderem: „Aber wenn ihr auf mich nicht hört und alle diese Gebote nicht befolgt, ... so tue ich euch Folgendes an: Ich will euch Furcht schicken, Schwindsucht und Fieber, die euch blind machen und den Atem nehmen werden“ (Levitikus 26,14.16). So wurden den ungehorsamen Klerikern vom Bischof die Leviten gelesen.
Aber selbst wenn dieses Sprichwort eine Strafpredigt meint, kann das Buch Levitikus durchaus als Lesebuch über die Gnade der Nähe Gottes gelesen werden. Ist sein Motto doch Folgendes: Ihr sollt heilig sein, denn ich, euer Gott, bin heilig und will mitten unter euch wohnen.
Christoph Buysch