15.01.2013

Anfrage

Welchen religionsgeschichtlichen Hintergrund hat die Mitra?

Welchen religionsgeschichtlichen Hintergrund hat die Mitra der Bischöfe und Äbte?
J. K., Erfurt

Ursprünglich trugen die Bischöfe im Gegensatz und im Unterschied zu den alttestamentlichen Hohenpriestern keinerlei Kopfbedeckung während der liturgischen Feiern. Für sie galt wie für alle Christen, was im ersten Korintherbrief steht: „Wenn ein Mann betet oder prophetisch redet und dabei sein Haupt bedeckt, entehrt er sein Haupt“ (1 Kor 11,4).

Gemeint ist damit, dass er sich durch die Kopfbedeckung vor Christus zu verbergen scheint, so wie Mose sein Gesicht verhüllte, als er Gott begegnete. Paulus dagegen betont: „Weil wir eine so große Hoffnung haben, treten wir mit großem Freimut auf, nicht wie Mose, der sein Gesicht verhüllte ... Sobald sich einer dem Herrn zuwendet, wird die Hülle entfernt“ (2 Kor 3,12.16).

Völlig klar ist nicht, warum diese Regelung „aufgeweicht“ wurde. Als Erstes trug auf jeden Fall der Papst während des Gottesdienstes eine besondere Kopfbedeckung. Vieles spricht dafür, dass der Brauch zur Zeit der „Konstantinischen Wende“ aufkam. Der römische Kaiser Konstantin hatte das Christentum zur Staatsreligion erklärt und gleichzeitig den Bischof von Rom in einen hohen staatlichen Rang erhoben. Dieser Rang verlieh dem Bischof das Recht, auch die staatlichen Insignien zu tragen. Und dazu gehörte das camelaucum, eine bestimmte halbkugelförmige Kappe. Außerdem durfte er zu Festprozessionen eine weiße konisch geformte Haube tragen, das Gegenstück zur kaiserlichen Tiara.

Wann genau der Papst auch anderen Bischöfen erlaubte, eine solche Kopfbedeckung zu tragen, ist unklar. Bezeugt ist die Erlaubnis erstmals für das Jahr 1049 für den damaligen Bischof von Trier. Die ursprüngliche Kugelform wurde im 12. Jahrhundert in der Mitte eingebuchtet, wodurch die Schilde über Stirn und Hinterkopf und die zwei nach hinten hängenden Bänder entstanden. Heute wird die Mitra – der Name ist wahrscheinlich eine Anlehnung aus dem Buch Exodus (29,9) – zur Bischofsweihe zusammen mit Stab und Ring überreicht.

Susanne Haverkamp