02.07.2012

Wieso „selige“ Jungfrau und „heilige“ Maria?

Wieso heißt es zum Beispiel in der Messfeier „die selige Jungfrau Maria“, wogegen wir im Ave Maria von der „heiligen Maria“ sprechen?
C. S., T.

„Selig“ und „heilig“ meint theologisch dasselbe: Selig ist eine Person, die ihr Menschsein restlos verwirklicht hat und deshalb zutiefst beglückt  ist. Seligkeit/Heiligkeit erreicht der Mensch, wenn er in der vollen  Gemeinschaft mit Gott steht. Anfanghaft wird das im Wort „glückselig“ schon deutlich.
Wenn Maria als selig oder heilig bezeichnet wird, so wird damit ihre besondere Gemeinschaft mit Gott und ihre Stellung in der Heilsgeschichte hervorgehoben. Die Bibel bezeugt die Seligkeit Mariens an mehreren Stellen: „Siehe von nun an preisen mich selig alle Geschlechter“ (Lukas 1,48) oder: „Selig der Leib, der dich getragen hat!“ (Lukas 11, 27) oder auch im Gruß des Engels: „Sei gegrüßt du Begnadete, der Herr ist mit dir!“ (Lukas 1,28).
Deshalb verehrt sie die Kirche an verschiedenen Festen und bittet sie um ihre Fürsprache in Gebeten, insbesondere im „Ave Maria“. Sie wird jedoch nicht angebetet, weil Anbetung nur Gott selbst zusteht. Die Unterscheidung zwischen „selig“ und „heilig“  ist erst von Bedeutung, seitdem die Kirche besonders vorbildliche Personen amtlich „selig“ oder „heilig“ spricht. Der Papst behielt sich seit dem Mittelalter das Recht der Heiligsprechung vor, die Bischöfe konnten jedoch weiterhin wie schon zuvor die  Verehrung besonderer Verstorbener für ihr Bistum gestatten. Diese wurden dann selig genannt.
Seit dem 17. Jahrhundert hat die Kirche die Seligsprechung so geregelt, dass auch sie dem Papst vorbehalten ist. Und seit dieser Zeit gilt die Seligsprechung als Vorstufe zur Heiligsprechung. Selig gesprochene Personen werden in der Regel regional verehrt, vor allem an den Orten ihres Wirkens. Heilige Personen werden in der ganzen Weltkirche öffentlich verehrt.
Über die Person und ihre Vollendung bei Gott sagen „selig“ oder „heilig“ nichts Unterschiedliches.
Michael Kinnen