06.05.2013
Anfrage
Wo und wie ist Christus gegenwärtig?
Wo und wie ist Christus heute gegenwärtig? Nur in den Fällen, die in der Liturgiekonstitution des Konzils genannt sind, also in der Person des Priesters, in den Gestalten von Brot und Wein, in der feiernden Gemeinde, im Wort Gottes und den Sakramenten? Was ist etwa mit Jesu Zusage „Wo zwei oder drei in meinem Namen beisammen sind, da bin ich mitten unter ihnen“?
W. S., per E-Mail
Nein, Jesus Christus, ist sicher nicht ausschließlich in den genannten Fällen gegenwärtig. Aber der Abschnitt aus dem Konzilsdokument „Sacrosanctum Concilium“ (Nr. 7), den Sie erwähnen, ist ein gutes Beispiel, um die Absicht von Texten zu erläutern. Nimmt man den Abschnitt isoliert für sich, könnte man ihn so verstehen, wie Sie es andeuten. Allerdings geht die Absicht des Konzils weiter. Indem sie erwähnen, wie Chris-tus in der hl. Messe noch gegenwärtig ist, wollen die Bischöfe die verengte Frömmigkeit früherer Zeiten aufsprengen. Die meinte vielfach, Jesus sei nur anwesend in dem Moment, da der Priester Hostie und Kelch hochhebt sowie ab dann in den konsekrierten Gestalten. Falsch ist das „nur“.
Gerade weil frühere Quellen der Kirche, allen voran die Bibel, davon sprechen, dass Christus auch im Wort Gottes oder in der Gemeinde zugegen ist, wollte das Konzil dies wieder bewusstmachen. Dazu gehören auch die Zusagen Jesu: „Wo zwei oder drei …“ sowie das Versprechen nach seiner Auferstehung: „Ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt.“ Der brasilianische Bischof Antônio Fragoso meinte während des Konzils zudem: „Jesus sagte auch: Der Hungrige, der Kranke, Gefangene, Verlassene – das bin ich. Aber diese Identität, die Gegenwart Christi im Armen, die ha-ben wir theologisch nie vertieft. Daraus haben wir nie Konsequenzen für unsere Seelsorge, unsere Spiritualität gezogen.“ Christus, also Gott, ist überall gegenwärtig. Aber es gibt Situationen, in denen wir ihm eher begegnen können. Keinesfalls aber könnten wir ihm sagen, wo er gegenwärtig zu sein hat und wo nicht.
Roland Juchem