09.08.2013
Kommentar
Wirbel um Papstworte
Von Roland Juchem
Der Rückflug vom Weltjugendtag in Rio zurück nach Rom mit der Alitalia-Maschine sei mäßig gewesen, schrieb der US-Journalist John Allen: die Sitzreihen eng, das Essen lausig, „aber das Bordprogramm war großartig!“ Es sei der Traum eines jeden Vatikankorrespondenten: Einmal so frei und frank mit dem Papst reden, wie Franziskus es ermöglicht hat.
In der Tat: Die frei vorgetragenen Antworten des Papstes auf Journalistenfragen sorgten für Wirbel: Kirchenkritiker waren voll des Lobes – sogar der deutsche Außenminister lobte eigens Franziskus‘ Aussagen über Homosexuelle. Umgekehrt vermissten – weniger laut geäußert – einzelne Katholiken eine klare Bekräftigung katholischer Lehren. Franziskus‘ Antwort: Weil die Lehre der Kirche zu Abtreibung und gleichgeschlechtlicher Ehe bekannt ist. Deswegen habe er in Rio auch nicht über Lüge und Diebstahl gepredigt, antwortete er auf eine andere Journalistenfrage. Vielmehr wollten junge Menschen ermutigt und aufgemuntert werden. Und die katholische Haltung? Das müsse derzeit vor allem die des Erbarmens sein.
Etliches von dem, was Franziskus in seiner ersten Pressekonferenz gesagt hat, haben auch schon andere offizielle Kirchenvertreter und Gläubige gesagt. Manches steht sogar im Katechismus. Klar, wenn der Papst etwas sagt, hat das mehr Gewicht, als beim Gemeindepfarrer oder der Religionslehrerin.
Aber es gibt einen zweiten Grund für das ausgesprochen positive Echo: Der Ton macht die Musik – oder: Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus. Franziskus doziert nicht, er stellt sich allen Fragen, sagt offen, was er denkt, oder wie der Stand der Dinge ist, und er wählt eine werbende Sprache. Das führt mitunter zu Diskussionen oder Schlussfolgerungen, an die Franziskus gar nicht gedacht hat oder die schlicht falsch sind.
Umgekehrt dürfen Leser oder Zuschauer sich trösten: Nur weil einzelne Sätze aus dem Umfeld des Papstes aufgeregt gemeldet werden, ist das nicht gleich eine echte Neuigkeit oder gar eine andere Haltung der katholischen Kirche. – Der durchaus andere Stil des neuen Papstes soll damit nicht zerredet werden.
Ach ja, was er auf dem Flug noch gesagt hat: Vermutlich am 27. April werden Johannes XXIII. und Johannes Paul II. gleichzeitig heiliggesprochen. Papst Franziskus schätzt das Ursprüngliche an der orthodoxen Liturgie. Kommendes Jahr trifft er sich mit Patriarch Bartholomaios I.
im Heiligen Land. Und der Bericht über „Vatileaks“, den ihm Benedikt XVI. übergeben hat, ist zwar ein großes Problem, aber er macht ihm keine Angst.