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06.02.2014

Kommentar

Falsche Rentengeschenke

Von Andreas Kaiser

Das ging schnell. Gerade mal einen Monat hat es gedauert, bis die neue Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) ihre Rentenreform vorgelegt hat. Die fast einvernehmliche Kritik - von konservativen Wirtschaftsexperten sowie eher linksorientierten Sozialverbänden – allerdings legt nahe: Die Ministerin hätte sich lieber mehr Zeit nehmen sollen. Anstatt die Sozialsysteme zukunftssicher zu gestalten, dreht sie das Rentenrad rückwärts. Zwar macht die von der Union vorangetriebene Aufwertung der Mütterrente als Anerkennung der Erziehungsleistung durchaus Sinn. Doch die abschlagsfreie Rente mit 63, wurde wohl eher kreiert, um Balsam auf die von der Agenda 2010 noch immer gebeutelte Sozi-Seele zu gießen. 

Schon ein simples Beispiel zeigt wie willkürlich die Reform ist. Während sich ALG1-Empfänger die Zeiten ihrer Arbeitslosigkeit anrechnen lassen können, bleiben Hartz-IV-Empfänger außen vor. Vor allem aber packt Nahles das Grundproblem der Rente, dass zukünftig immer weniger Beitragszahler immer mehr Ruheständlern gegenüber stehen werden, nicht an. Im Gegenteil. Lieber verteilt sie teure Geschenke an einige Wenige, deren Rentenniveau ohnehin vergleichsweise noch hoch ist. Dafür werden die Jungen belastet. Und zwar nachhaltig.

Anders als bei privaten Versicherungen werden die Beitragszahlungen ja nicht angespart, sondern fließen direkt an die Rentner. Solange es genügend Nachwuchs gibt, funktioniert das Umlageverfahren. Da heute jedoch nur noch halb so viele Babys geboren wie Anfang der 60er-Jahre werden, gerät das System immer mehr in Schieflage. Der aktuelle Beitragssatz von 18,9 Prozent wird bis 2030 auf 22 Prozent steigen. Gleichzeitig sinkt das Rentenniveau immer weiter ab. Die Regierung prognostiziert für 2030 ein Ruhestandsgeld von nur noch 43,7 Prozent vom durchschnittlichen Arbeitsentgelt. Dieser dramatische Negativtrend wird durch die Rente mit 63 noch verschärft. 

Auch die Mütterrente ist bei Licht betrachtet eher ein Tropfen auf den heißen Stein. Experten der Ruhr Uni haben errechnet, dass die Erziehungszeiten, die sich auf die Rente anrechnen lassen, lediglich einem Gegenwert von 8300 Euro entsprechen. Dabei, so die Wissenschaftler, wird jedes Kind heute im Laufe seines Lebens durchschnittlich 77 000 Euro in die Kasse einzahlen. Obwohl die Familien somit einen Riesenbeitrag für unser Sozialsystem leisten und meist ein kleines Vermögen zur Erziehung ausgeben, werden sie von der Politik nicht entlastet. Hier, und nicht nur hier, muss dringend umgedacht werden.

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