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26.03.2014

Kommentar

Keine Schonung

Von Ulrich Waschki

Neuer Versuch. Endlich ist es den deutschen Bischöfen gelungen, die wissenschaftliche Erforschung des sexuellen Missbrauchs durch Priester, Diakone und Ordensleute auf den Weg zu bringen. Nach dem öffentlichkeitswirksamen Scheitern des ersten Projektversuchs mit dem Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen und seinem Leiter Christian Pfeiffer nun der Neuanfang. Die Bischöfe haben teures Lehrgeld bezahlt. Viel Kritik und negative Schlagzeilen mussten sie nach dem Aus der Zusammenarbeit mit Pfeiffer ertragen. Ob das vermeidbar gewesen wäre? Mehr als ein Jahr später eine müßige Frage.

Der Neustart des Projektes klingt vielversprechend: Nicht mehr nur ein, sondern sieben Professoren wollen den Missbrauch in der Kirche erforschen. Die Zusammenarbeit verschiedener Forscher und Forschungsrichtungen verspricht ein umfassenderes Bild, als es im Ursprungsprojekt möglich gewesen wäre. Auch sind wesentliche Bedenken, etwa in Sachen Datenschutz, nun geklärt. Das neue Projekt verspricht also eine höhere Qualität und innerkirchliche Akzeptanz. So hat das Scheitern der Zusammenarbeit mit Professor Pfeiffer am Ende dazu geführt, dass nun ein verbessertes Forschungsprojekt entstanden ist.

Allerdings: Einen vollständigen Überblick, wie viele Fälle sexuellen Missbrauchs in der Kirche es seit 1945 gab, werden die Forscher nicht liefern. Stattdessen Hochrechnungen. Weil, wie in Verwaltungen üblich, alte Akten bereits vernichtet sind. Und mancher Missbrauchsfall auch gar nicht aktenkundig geworden ist. Das Verschweigen und Vertuschen war schließlich Teil des Skandals. Auch eine Pfeiffer-Studie hätte keine besseren Daten liefern können.

Nach der Vorgeschichte können alle Beobachter und Kritiker, die es auch jetzt schon gibt, sicher sein: Die Forscher werden einen unabhängigen, ungeschminkten Bericht abliefern, der die Kirche nicht schonen wird. Kein Wissenschaftler kann sich leisten, seinen Ruf aufs Spiel zu setzen. Und die Bischöfe werden ein zweites Scheitern kaum riskieren. Sie standen nach der Ankündigung einer umfassenden Erforschung des Missbrauchs in der Pflicht, den Worten Taten folgen zu lassen. Insofern ist der Neustart keine Kür. Aber dennoch: Es ist gut, dass die Kirche vorangeht und Umfang, Hintergründe, Ursachen und Folgen des Missbrauchs erforscht. Andere Institutionen sollten dem mutigen Beispiel folgen.

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