08.04.2014
Kommentar
Blauhelmtruppen, schnell!
Von Daniel Gerber
In diesen Wochen gedenkt die Welt des Völkermords in Ruanda vor zwanzig Jahren. Die Berichte von damals lassen einen erstarren vor der Grausamkeit der Täter. 800 000 Menschenleben wurden ausgelöscht. Das Leben von Männern, Frauen, Kindern. Die Todesschwadronen brauchten nicht mehr als hundert Tage. Hundertausende wurden gefoltert, verstümmelt, vergewaltigt. Und als wäre die Erde dort nicht von genug Blut getränkt worden, verloren danach bei Racheaktionen nochmals Zehntausende Menschen ihr Leben.
Die einen mordeten. Andere ließen ihr Leben. Und der Rest der Welt? Er zauderte und handelte am Ende zu spät, um den Völkermord zu verhindern. Viel lief damals auf Seiten der internationalen Gemeinschaft falsch. Es wurden falsche Formulierungen gewählt: Man sprach von „Chaos“, von möglichen „genozidalen Akten“. Von Völkermord sprach niemand. Zu schwach war auch das Mandat der Blauhelmtruppen, die schon im Land waren. Vor Beginn des Völkermords waren es etwa 2500 Soldaten. Die durften den Frieden fördern, erzwingen – notfalls mit Waffengewalt, um die Zivilisten zu schützen – durften sie ihn nicht. Und als dann die Gewalt ausbrach, wurde die Zahl der Blauhelme gar noch reduziert, weil belgische Soldaten getötet worden waren. So blieben die Vereinten Nationen am Ende nur Zuschauer. Denn als sich die UN schließlich auf eine größere Truppenentsendung geeinigt hatte, war der Völkermord vorbei, Hunderttausende schon tot.
Zwanzig Jahre sind seitdem vergangen und es drängt sich die Frage auf: Wiederholt sich die Geschichte? Beinahe scheint es so, blickt man auf die Lage in der Zentralafrikanischen Republik. Auch hier lassen einen die Berichte über die Gewalt erschrecken. UNO Generalsekretär Ban Ki Moon warnt schon vor einem Völkermord. Und was macht die Welt? Wieder zögert sie. Das darf nicht sein. Menschenrechtsorganisationen haben es klar gesagt: Die circa 8000 Soldaten aus Frankreich und Afrika reichen nicht, um der Gewalt Herr zu werden. Eine große Blauhelmtruppe mit einem erweiterten Mandat muss deshalb schnell nach Zentralfrika. Denn auch die 1000 EU-Soldaten, die derzeit stationiert werden, werden nicht ausreichen.
Neben der Entsendung von weiteren Truppen ist es aber genauso wichtig, schnell einen Plan zu entwickeln, wie das Eingreifen sinnvoll aussehen kann. Banden müssen entwaffnet, Zivilisten geschützt und staatliche Institutionen ausgebaut werden. Klar ist vor allem: Die Welt darf nicht wieder nur Zuschauer sein. Die Fehler von damals dürfen sich nicht wiederholen.