06.05.2014
Kommentar
Rentengeschenke
Von Ulrich Waschki
Große Koalitionen sind gerne großzügig. Einmal, weil die Partner oft auf Augenhöhe kooperieren, niemand also den anderen überstimmen darf. Und dann müssen große Koalitionen viele Bevölkerungsschichten und Interessengruppen berücksichtigen. Noch mehr, als ohnehin in der Politik notwendig, sind in einer Großen Koalition Kompromisse angesagt und keine „Basta“-Politik. Das kann teuer werden.
Die Große Koalition in den 60er Jahren führte das Amt des „Parlamentarischen Staatssekretärs“ ein, das oft als Belohnung verdienter Politiker genutzt wird. Kein Wunder, dass die Zahl dieser Posten in der Großen Koalition unserer Tage einen fast einmaligen historischen Höchststand erreicht hat.
Auch für die Wähler hat die Große Koalition Wohltaten im Gepäck: Für die SPD-Klientel gibt es bald die abschlagsfreie Rente mit 63 nach 45 Versicherungsjahren. Dafür bekommen die CDU-Wähler Verbesserungen bei der Mütterrente. Bislang werden nämlich Erziehungszeiten für Kinder, die ab 1992 geboren wurden, besser angerechnet als bei früheren Jahrgängen. Dieser Unterschied soll schrumpfen.
Das ist durchaus gerecht. Warum ist für die Rente ein Kind nach 1992 mehr wert als ein Kind, das vorher geboren wurde? Allerdings: Dieser Teil der Rentenreform ist der teuerste. Dabei ist die Anerkennung von Kindererziehungszeiten vor allem eine gesellschaftliche Frage und kein reines Rentenproblem. Auch die anderen Sozialkassen, unser gesamtes Wirtschaftssystem profitieren vom Nachwuchs. Folgerichtig müssen die Steuerzahler und nicht nur die Rentenversicherten diese Gerechtigkeitslücke schließen.
Die Rente mit 63 dagegen ist keine Frage der Gerechtigkeit. Sie ist ein Widerspruch zur Politik der vergangenen Jahre, die dazu geführt hat, dass Deutschland so gut durch die Krise gekommen ist. Die Rente mit 67 ist bitter, aber angesichts von demografischer Entwicklung und Fachkräftemangel notwendig. Dagegen verstößt nun die Wohltat für langjährig Versicherte. Es ist ja richtig, Menschen, die körperlich anstrengende Arbeiten verrichtet haben, einen vorzeitigen Ausstieg zu ermöglichen. Das ermöglicht man dann aber auch Menschen, die ihre 45 Versicherungsjahre warm und trocken und ohne Rückenschäden im Büro verbracht haben.
Wie schon beim gut gemeinten Vorruhestand unter Blüm droht eine Frühverrentungswelle, bei der sich Firmen auf Kosten der Sozialkassen ihrer älteren und teureren Arbeitnehmer entledigen. Und bezahlen müssen es die nachfolgenden Generationen. Das kann nicht richtig sein.