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11.06.2014

Kommentar

Heiliges Land in Zeitnot

Von Ulrich Waschki

Nein, den Durchbruch im Nahost-Friedensprozess konnte Papst Franziskus mit seinem Friedensgebet nicht erreichen. Aber das war auch gar nicht zu erwarten. Dass sich angesichts der verfahrenen Lage im Heiligen Land überhaupt die höchsten Repräsentanten von Israelis und Palästinensern zu einem gemeinsamen Treffen und zu herzlichen Umarmungen bewegen ließen, ist schon ein kleines Wunder. „In die Sprachlosigkeit der Politiker kommt die Sprache des Gebets“, formuliert es ein Benediktiner aus Jersualem.

Es ist ein Versuch, mehr nicht. Der Papst führt zerstrittene Parteien zum Gebet zusammen. Wer an Gott glaubt, glaubt, dass Gott in der Welt wirkt. Das Gebet ist also nicht nur eine fromme Übung, sondern durchaus handfest. Allerdings: Niemand setzt darauf, dass Gott nun alles schön richtet. Da müssen wir Menschen schon selbst mithelfen. Papst Franziskus lässt daran keinen Zweifel, wenn er die Parteien aufruft zu einem „Ja zur Verhandlung und Nein zu Feindseligkeiten“. Das Vorgehen ist typisch für ihn: Aus einer geistlichen Erfahrung und Haltung heraus, will er die Welt verändern.
Und selbst, wer nicht an Gott glaubt, kommt an den Zeichen und Bildern vom vergangenen Sonntag nicht vorbei.

Im Heiligen Land läuft die Zeit für eine Zwei-Staaten-Lösung langsam ab. Eine wachsende arabische Bevölkerung und der Siedlungsbau machen eine Aufteilung der Gebiete irgendwann unmöglich. Zudem sinkt bei den Palästinensern die Akzeptanz dieses Weges. Doch ein gemeinsamer Staat von Juden und vorwiegend muslimischen Palästinensern scheint kaum vorstellbar. Deswegen ist es gut und notwendig, dass überhaupt jemand einen Schritt macht.

Aber: Es darf nicht bei diesem einen Schritt bleiben. Weitere solcher Treffen müssen folgen, sonst bleibt der Friedensgipfel am Pfingsttag in Rom ein Strohfeuer. Vielleicht ist es die Rolle der Christen in diesem Konflikt, die zerstrittenen Kinder Abrahams an einen Tisch zu holen.

In den christlichen Gebeten wurde deutlich, welche Haltung zur Versöhnung führen kann: „Herr, mache mich zu einem Werkzeug deines Friedens“, wurde gebetet. Die Fragen müssen lauten: Wo habe ich Schuld auf mich geladen? Was kann ich beitragen? Der Fingerzeig auf die Schuld und Verantwortung des anderen wird letztlich nicht zum Ziel führen. Bis sich diese Erkenntnis durchsetzt, kann es lange dauern. Hoffentlich hat das Heilige Land noch so viel Zeit.

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