25.06.2014
Kommentar
Singles willkommen?
Von Susanne Haverkamp
Stellen Sie sich vor, Sie sind Anfang 30, alleinstehend, fangen in einer neuen Stadt eine neue Stelle an und überlegen, sich auch Ihre Kirchengemeinde mal anzuschauen. Früher haben Sie begeistert Jugendarbeit gemacht, aber die Zeit ist jetzt wirklich vorbei. Was hat Ihre neue Gemeinde Ihnen anzubieten? Ihnen in Ihrer speziellen Situation?
Natürlich würde nie jemand zugeben, dass alleinlebende (jüngere) Erwachsene in der Kirche keinen Platz haben. Sie können doch überall mitmachen: im Kirchenvorstand oder Pfarrgemeinderat, im Chor, bei Kolping oder als Firmkatechet. Und sonntags in die Messe sowieso. Stimmt auch alles. Aber wie viele Singles engagieren sich faktisch in Gemeinden und Verbänden? Wie viele stellen sich beim Kirchencafé dazu, wenn die anderen über die Tücken der Pubertät fachsimpeln oder über das beste Gymnasium der Stadt; wenn sie sich über die Kleinkindersprüche ihrer Enkel amüsieren oder um die Ausbildung ihrer Kinder sorgen. Bei aller Wertschätzung der Familie: Was hat die Kirche einem Single ohne Kind, für den Familie einfach kein Thema ist, schon zu bieten? Und wer fühlt sich überhaupt zuständig, zumal, wenn es nicht um „junge Erwachsene“ geht, sondern um Männer und Frauen „in den besten Jahren“.
Natürlich: Ein paar Angebote gibt es schon. Zum Beispiel die Hochschulgemeinden in Universitätsstädten, aber da ist man jenseits der 30 auch langsam raus. Oder christliche Single-Partys und Speed-Datings, aber dort geht es letztlich wieder nur um die Partnersuche, um schließlich doch die Vollform des christlichen Lebens, die Ehe, zu erreichen. Ab und zu findet man inhaltliche Angebote, etwa um das Wochenende anders zu gestalten, und manchmal kommt ein unverheirateter Pastoralreferent auf die Idee, etwas mit Menschen zu machen, denen es ähnlich geht. Aber selten.
Seltsam, diese Fixierung auf Familie. Schließlich sind die maßgeblichen Entscheidungsträger in der Kirche, die Priester, alle Singles. Und Jesus hat auch nicht nur vor Familienkreisen gepredigt, im Gegenteil. Höchste Zeit also, sich um die stetig wachsende Gruppe der Alleinlebenden zu kümmern. Mit Angeboten, die inhaltlich und zeitlich auf sie abgestimmt sind. Die, allein zu leben, nicht als defizitäre, sondern als grundsätzlich gelungene Lebensform betrachten. Die Gemeinschaftserfahrungen ermöglichen und nicht sofort auf Zweisamkeit zielen. Das Potenzial dieser Gruppe ist riesig – und ihr Engagement und Glaube sicherlich nicht kleiner als der von Familien.