10.09.2014
Hatte Jesus Geschwister?
In verschiedenen Bibelstellen werden Geschwister erwähnt, zum Teil sogar mit Namen. Hierzu meint die jüdische Religionswissenschaftlerin Ruth Lapide, es sei zur damaligen Zeit undenkbar gewesen, dass Ehepaare nur ein Kind hatten. Kinder waren die einzige Sicherheit, um im Alter überleben zu können. Hatte Jesus also Geschwister? H. F., Schaafheim
Wenn man in Johannes 19,26–27 liest, dass Jesus zu seiner Mutter sagt: „Siehe, dein Sohn!“ und damit seinen Jünger Johannes meint, dann lässt sich vermuten, dass Jesus keine weiteren Geschwis-ter hatte, die sich um seine Mutter kümmern konnten. Tatsächlich gibt es schon aus der alten Kirche theologische Ausführungen, dass Maria zeit ihres Lebens Jungfrau blieb, was weitere Geschwister Jesu ausschließen sollte.
Es schien nicht vorstellbar, dass die Frau, die den Erlöser und Sohn Gottes geboren hatte, noch einmal oder gar mehrere Male Kinder bekommen haben sollte. Maria sollte nur von Gott empfangen haben. Tatsächlich aber spricht das Neue Testament mehrmals von Geschwistern Jesu.
So lassen im 3. Kapitel des Markusevangeliums Jesu Mutter und seine Brüder ihn aus einem Haus herausrufen, im 6. Kapitel erinnern sich die Menschen in Nazaret auch an seine Schwestern und seine Brüder Jakobus, Joses, Judas und Simon. Insbesondere der sogenannte Herrenbruder Jakobus spielt in der Urgeschichte des Christentums als Anführer der Christen in Jerusalem eine große Rolle.
Eine sichere Aussage über Jesu Familie ist problematisch, da die Bedeu-tung des griechischen Wor-tes „adelphoi“ bei „Brüdern“, „Halbbrüdern“ oder allgemein „Verwandten“ anfängt und bei „Mitarbeitern“ oder „Mitchristen“ aufhört. Bei den beiden Stellen im Markusevangelium liegt es zwar nahe, dass es sich um Verwandte oder eben leibliche Schwestern und Brüder Jesu handeln muss, aber wie nah der Verwandtschaftsgrad zu Jesus war, bleibt offen.
Die Bibel und andere frühchristliche Schriften können uns bei der Frage nach Jesu Geschwistern nicht abschließend helfen, da sie sich für die Verwandtschaft Jesu nicht so interessieren, wie wir dies heute tun. Für sie bleiben Botschaft und Nachfolge Jesu im Mittelpunkt.
Von Christoph Buysch