01.10.2014
Kommentar
Zeit für wichtige Themen
Von Ulrich Waschki
Die Erwartungen sind groß: Gleich zwei Synoden hat Papst Franziskus angesetzt, um über die Probleme der Familienpastoral zu diskutieren. Am Sonntag beginnt die außerordentliche Bischofssynode zu den „pastoralen Herausforderungen im Hinblick auf die Familie“. Ein Jahr später folgt die zweite Synode zum Thema. Damit hat der Papst selbst den Fragen zu Partnerschaft, Ehe und Familie einen hohen Stellenwert zugewiesen.
Kardinäle aus aller Welt liefern sich im Vorfeld theologische Diskussionen um den richtigen Weg. Fast scheint es, als ginge es um die Interpretation des Pontifikates von Papst Franziskus, um die Frage, was er denn nun konkret meint mit seiner Rede von einer barmherzigen und verbeulten Kirche, von einer Kirche als Feldlazarett und von einer Kirche, die an die Ränder geht.
Ob die Auseinandersetzungen zwischen führenden Kirchenmännern im Kern ein grundsätzlicher Richtungsstreit sind, lässt sich schwer beurteilen. Aber auch eine Nummer kleiner haben die Diskussionen eine große Brisanz.
Vor allem in der westlichen Welt werden die Synoden auf die Frage nach dem Kommunionempfang für wiederverheiratet Geschiedene verengt. Auch wenn dies nur ein Thema von vielen ist – für viele Menschen zeigt sich an diesem Beispiel, wie es die Kirche denn nun mit der Barmherzigkeit hält.
Auch zahlreiche deutsche Bischöfe haben in den vergangenen Monaten deutlich gemacht, dass sie in diesem Punkt Änderungen erhoffen. Weil die Erwartungen so groß sind, ist auch das Potenzial für Enttäuschung immens. Zumal viele, vor allem römische Wortmeldungen zeigen, dass hier längst noch keine Einigkeit unter den Bischöfen besteht. Deshalb könnten die Synoden zum Wendepunkt in der öffentlichen Beurteilung von Papst Franziskus werden.
Wer auf schnelle Entscheidungen setzt, wird auf jeden Fall enttäuscht werden. Ohnehin haben Synoden für den Papst nur beratenden Charakter. Und das Bischofstreffen in diesem Jahr ist, wie gesagt, auch nur die erste von zwei Beratungsrunden.
Der Papst nimmt sich Zeit, will die wichtigen Fragen rund um Ehe und Familie intensiv diskutieren. Und damit hat er die Kirche schon verändert – war doch lange Zeit eine offene Diskussion darüber nicht möglich. Um glaubwürdig zu sein, braucht aber die Kirche genau dies: Eine offene Diskussionskultur, in der kritische Fragen gestellt werden dürfen, ohne gleich in den Verdacht zu geraten, vom Glauben abgefallen zu sein.