03.03.2015
Sind Rauchen und Übergewicht eine Sünde?
In der Bibel steht, dass man für sein Leben und seinen Körper Sorge tragen soll. Sind Rauchen und das „Pflegen“ des Übergewichtes für gläubige Christen Sünde? Ist das Genusssucht und Völlerei? M. R., Halle
So pauschal lässt sich das nicht beantworten, denn dahinter steckt die Frage: Was ist überhaupt eine „Sünde“? Theologisch verstanden ist eine Sünde dann gegeben, wenn sich jemand absichtlich von Gott lossagt und meint, ganz ohne ihn auszukommen, so dass die Beziehung zu ihm dauerhaft gestört wird. Die „Ursünde“ besteht darin, sich selbst an der Stelle Gottes zu sehen. Somit ist „Sünde“ nicht zuerst eine Handlung, sondern ein Zustand der Gottesferne. Gerade weil es im Alltag populär ist, von bestimmten Genüssen bis zur Sexualität als kleinere und größere „Sünden“ zu sprechen, besteht die Gefahr, die Bedeutung von „Sünde“ zu banalisieren.
Die heilige Teresa von Avila wird zitiert mit dem Satz: „Tu deinem Leib etwas Gutes, damit deine Seele Lust hat, darin zu wohnen.“ Wo der „Genuss“ und das „Sich-etwas-Gutes-Tun“ jedoch dazu führen, dass jemand nur seine eigenen Wünsche sieht und egoistisch nur um sich selbst kreist, ist eine Grenze überschritten. Hier ist nach der Lebenseinstellung zu fragen, nicht zuerst nach der konkreten „Einzeltat“. Ebenso kann ein dauerhaft unachtsames, ausschweifendes Leben dazu führen, dass sich der Betreffende auch in medizinischer Hinsicht selbst schädigt und seinen Leib – theologisch gesprochen – nicht als „Tempel Gottes“ sieht. Hier erinnert der Katechismus daran, „in vernünftiger Weise für die eigene leibliche Gesundheit und die Gesundheit anderer Sorge (zu) tragen, dabei jedoch den Körperkult und jede Art von Übertreibungen (zu) meiden.“
Daraus kleinlich abzuleiten, dass jede Zigarette oder jedes Kilo zu viel auf der Waage schon ein moralisch-sündhaftes Verhalten ist oder gar eine „Sünde“ im theologischen Sinn, wäre übertrieben, zumal es etwa für Übergewicht ganz unterschiedliche medizinische Gründe gibt. Auf die Gesamteinstellung dazu kommt es an.
Von Michael Kinnen